Kriterien zur Beurteilung von Freiflächen PV-Parks in der Gemeinde Schiffdorf
Der Verwaltungsausschuss hat am 07.12.2023 nach Vorberatung im Ausschuss für Bau, Planung und Verkehr einstimmig folgende Beurteilungskriterien für die Entwicklung von Freiflächen PV-Parks beschlossen (Vorlage 194/2023):
Für die Bewertung der FFPV-Parks Standorte sollten folgende Prämissen zugrunde gelegt werden:
1. PV-Parks sollten in bereits gestörten Landschaftsräumen geplant werden. Hier sind vornehmlich die Autobahn sowie die Bahnlinie zwischen Bremerhaven und Buxtehude anzusprechen.
2. Ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor stellt auch heute noch die Landwirtschaft dar. Dieser gilt es auch langfristig zu erhalten. Daher sollten FFPV-Parks auf besonders gut für die Landwirtschaft geeigneten Flächen möglichst nicht erfolgen bzw. zurückgestellt werden, um zunächst die weitere Entwicklung der erneuerbaren Energien abzuwarten, um dann eine Neubewertung vorzunehmen.
3. Demgegenüber ist mit dem auf EU-Ebene angestrebten Naturwiederherstellungsgesetz bereits heute erkennbar, dass Moorstandorte aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden sollen, um auf diesen eine Wiedervernässung vornehmen zu können, so dass diese Räume wiederhergestellt werden und zudem dem Klimaschutz dienen können. Eine Wiedervernässung mit einem FFPV-Park könnte eine alternative Wertschöpfung für betroffene landwirtschaftliche Betriebe darstellen und sollte grundsätzlich als Standort verfolgt werden, wenn Umweltbelange dem Vorhaben nicht entgegenstehen.
4. Mit den im Flächennutzungsplan dargestellten gewerblichen Bauflächen soll die gewerbliche Entwicklung in der Gemeinde vorangetrieben werden. Dies, um einerseits der Strukturschwäche der Region entgegenzuwirken und andererseits die Steuereinnahmen der Gemeinde günstiger zu gestalten. Vor diesem Hintergrund sollten FFPV-Parks in ausgewiesenen gewerblichen Bauflächen nicht berücksichtigt werden. Vielmehr soll bei der Konkretisierung / Realisierung der Gebiete PV auf den Dachflächen im großen Umfang berücksichtigt werden. Bei der Aufstellung entsprechender Bauleitpläne ist dies zu beachten.
5. Um eine geordnete städtebauliche Entwicklung der erneuerbaren Energien in der Gemeinde gewährleisten zu können, sollten nur größere FFPV-Parks berücksichtigt werden. Da die Grenze, wo nach PV-Parks aus raumbedeutsam gelten bei ca. 3ha liegt, sollen diese Parks eine Mindestgröße von 3ha haben. Andererseits sollten sich sehr großflächige FFPV-Parks in das heterogene, abwechslungsreiche Landschaftsbild der Gemeinde einfügen und daher nach oben begrenzt werden. Hierfür wird ein Wert von 100ha als noch vertretbar angesehen, wenn sichergestellt ist, dass der innere Bereich grünordnerisch und durch Wegeverbindungen gegliedert wird.
Kriterien | Erläuterungen |
Landwirtschaftsflächen
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Moorstandort (+) | Um die Klimaschutzziele des Bundes erreichen zu können wurde beschlossen, dass Moorstandorte ab 2040 wieder vernässt werden sollen. Die Landwirtschaft bildet sowohl im Landkreis Cuxhaven als auch in der Gemeinde Schiffdorf einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor, den es zu erhalten gilt. Daher sind Moorstandorte, die aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen werden sollen, einer für die Betriebe notwendigen Folgenutzung zuzuführen. Die Extensivierung / Wiedervernässung von Moorflächen in Kombination mit PV-Parks kann daher für die Landwirtschaft einen wirtschaftlichen Ausgleich darstellen. Moorstandorte sind daher für eine PV-Park Entwicklung grundsätzlich als geeignet anzusehen. |
Bodenertragszahl
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< 35 (+) | Die Bodenertragszahl bildet die Fruchtbarkeit des Bodens für die Landwirtschaft ab. Gute fruchtbare Böden sollten daher grundsätzlich nicht für eine PV-Park Entwicklung herangezogen werden. Im Allgemeinen gilt hier eine Grenze von 35, um die Fruchtbarkeit des Bodens für eine landwirtschaftliche Nutzung und damit den Ertrag aus der Fläche zu beschreiben. |
Naturschutz (Standort liegt im…)
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Vorranggebiet Natur und Landschaft / Grünlandbewirtschaftung | Nach der Raumordnung müssen alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen mit der ausgewiesenen Vorrangausweisung vereinbar sein. D.h., dass die Belange von Natur und Landschaft stets vorgehen. Es darf angezweifelt werden, ob PV-Parks in dieser Hinsicht verträglich sind, so dass grundsätzlich von einem Ausschluss einer solchen Nutzung auszugehen sein wird. |
Vorsorgegebiet Natur und Landschaft / Grünlandbewirtschaftung | Demgegenüber sind Vorsorgebiete einer Abwägung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen grundsätzlich zugänglich. Hier muss jedoch in einem aufwendigen Verfahren die Vereinbarkeit einer solchen Maßnahme mit den Zielen des Vorsorgegebietes abgewogen werden. |
NSG / LSG | besonders geschützte Biotope | Großflächige Freiflächen PV-Parks sind mit den Zielen und dem Schutzzweck eines Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebietes nicht vereinbar, so dass diese auszuschließen sind. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Entwicklung eines PV-Parks ist dann zu erwarten, wenn innerhalb des Projektstandortes besonders geschützte Biotope vorhanden sind. Auch hier ist ein aufwendiger Abwägungsprozess erforderlich, um die Vereinbarkeit des Schutzzweckes mit einem PV-Park darzustellen. |
Abstand zu Wald | Im RROP des Landkreises Cuxhaven wurde als Ziel der Raumordnung ein Abstand raumbedeutsamer Maßnahmen zu Wald von 100m festgelegt. Da im Landkreis sehr viele kleinflächige Waldstandorte vorhanden sind (als Wald gilt nach der Unteren Waldbehörde eine mit Bäumen zuhängend bestandene Fläche von mehr als 900m²), bedeutet die Beachtung dieses Ziels, eine erhebliche Einschränkung in der Entwicklung von PV-Parks. Dies hat zwischenzeitlich auch der Landkreis erkannt und in Abstimmung mit der oberen Landesplanungsbehörde im Vorfeld der Neuaufstellung des RROP festgelegt, dass der Regelabstand von 100m zum Waldrand dann unterschritten werden kann, wenn die unterschrittene Distanz innerhalb des Waldes wieder gedanklich gezogen wird und in diesem Randbereich eine Überprüfung der Waldfunktionen erfolgt, um abschätzen zu können, ob die Belange des Waldes beeinträchtigt werden. |
> 100m | Liegt der vorgesehene PV-Park weiter als 100m zum Waldrand, dann werden die raumordnerischen Ziele eingehalten. |
< 100m | Sollte der geplante Abstand geringer sein, so ist zunächst wie oben beschrieben der betreffende Waldbereich auf seine Beeinträchtigungswirkung zu untersuchen und entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung der Beeinträchtigung zu treffen. |
Lage zu Infrastruktureinrichtungen | |
§ 35 BauGB (+) | Mit der Privilegierung von Freiflächen PV-Parks an Autobahnen und Hauptschienenwegen hat der Bundesgesetzgeber entschieden, dass in dem Bereich von 200m von der Autobahn die Entwicklung von PV-Parks keiner Bauleitplanung bedürfen. Hier ist es ausreichend, wenn direkt ein Bauantrag gestellt wird. Neben der erheblichen Verkürzung des planerischen Verfahrens führt dies dazu, dass sich die Gemeinde auf andere Standorte, die nur mit einer Bauleitplanung entwickelt werden können, konzentrieren kann. |
Hauptverkehrsstraßen / Bahnlinie (~) | Landes- und Kreisstraßen in der Gemeinde wie auch die Bahnlinie sind lineare Infrastruktureinrichtungen, die das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigen und Emissionen (z.B. Lärm) verursachen. PV-Parks können in diesen Bereichen den notwendigen Abstand der Landschaft und des Siedlungsbereiches sinnvoll ausfüllen, auch wenn sie auch den trennenden Charakter dieser Einrichtungen verstärken. |
Abseits von Infrastruktureinrichtungen (-) | Abseits dieser Infrastruktureinrichtungen ist grundsätzlich eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und des landwirtschaftlichen Raums gegeben. Da es sich mit Ausnahme der Moorstandorte meist um landwirtschaftliche Flächen handelt, die auch langfristig für den Fortbestand der landwirtschaftlichen Betriebe erforderlich sein können, sollten diese Standorte zunächst zurückgestellt und erst dann in Betracht gezogen werden, wenn langfristig erkennbar wird, dass das Angebot an erneuerbaren Energien in der Region zur Versorgung der Bevölkerung nicht ausreichen wird. |
Einbindung Orts-/Landschaftsbild
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Größe geplanter PV-Park in ha | Das Landschaftsbild der Gemeinde wird durch ein abwechslungsreiche durch Hecken, kleine Waldflächen und andere Landschaftsbestandteile geprägt und gegliedert. Ziel sollte es daher sein, diese Grundstruktur zu erhalten und Freiflächen-PV-Parks in dieses Landschaftsbild zu integrieren. Daher sollten diese nicht größer als 100ha geplant werden. Gleichzeitig führen sehr kleine PV-Paks dazu, dass es zu einer Zersplitterung der Landschaft kommt und der Betrachter das Gefühl erhält, nur noch PV-Parks zu sehen – auch dies soll vermieden werden. Daher wird eine Spanne von 3ha (Grenze der Raumbedeutsamkeit) bis 100ha vorgeschlagen. |
Gegliederte Grünstrukturen vorhanden bei PV-Park > 10ha (+) | Es sollte daher angestrebt werden, dass PV-Parks dort geplant werden, wo sie in bereits gegliederte Grünstrukturen eingebunden werden können. Dennoch wird mit steigender Größe des geplanten Vorhabens die Erforderlichkeit steigen, das Landschaftsbild durch planerische Maßnahmen zu erhalten. |
Fehlende gliedernde Grünstrukturen bei PV-Park > 10ha (-) | Größere zusammenhängende Bereiche, die nur wenige gliedernde Landschaftselemente aufweisen, sind in dieser Hinsicht möglichst zu vermeiden bzw. die Anforderungen an die Schaffung gliedernder Grünstrukturen sind in diesen Bereichen höher, so dass diese die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens reduzieren können. |
Nähe zum Siedlungsbereich geringer als 200m (Versorgungsmöglichkeit von Haushalten) | Vor allem in Siedlungsnähe liegende PV-Parks können auch bei kleineren Größen dazu beitragen, dass der gewonnene Strom direkt in das örtliche Versorgungsnetz eingespeist wird. Daher sind Standorte in der Nähe von Siedlungsbereichen günstiger zu beurteilen, als PV-Parks abseits der Siedlungsbereiche. |